Die B50 neu, in den 60er Jahren zunächst als Autobahn A60 zur Verbindung der amerikanischen Militärflugplätze Spangdahlem, Hahn und Ramstein geplant, wurde später als Fernstraße von den Nordsee-Häfen ins Rhein-Main-Gebiet propagiert. Mangels ausreichender Verkehrserwartung wurde sie in den Achtzigern zur Bundesstraße (B 50 neu) heruntergestuft und soll nun das Autobahnkreuz Wittlich mit dem inzwischen ausgebauten Regionalflughafen Hahn und weiter mit Rheinböllen verbinden. An der ursprünglichen Bauweise hat sich jedoch kaum etwas geändert - außer dass die Hochmoselbrücke, an der nach wie vor festgehalten werden soll, noch höher und länger ausfallen soll: 160 x 1700 Meter statt 144 x 1500 Meter. Diese augenfällige Hochbrücke aus Beton war von Anfang an Stein des Anstoßes, obwohl sie bei weitem nicht der einzige massive Eingriff in die von Tourismus und Weinwirtschaft lebende Kultur-Region darstellt.
Mittlerweile ist eine ganze Reihe von Fernstraßenverbindungen gebaut worden, insbesondere die Rheinschiene (A 61) und die Autobahnstrecke Bitburg-Trier-Kaiserslautern (A1/A62), so dass der Hochmoselübergang für diese Strecken mittlerweile als Umweg gelten muss; so würde sich die Fahrt von den belgischen und niederländischen Nordseehäfen ins Rhein-Main-Gebiet um durchschnittlich 40 Kilometer und knapp eine halbe Stunde verlängern. Eine Verbindung von den belgischen Ballungsräumen (Brüssel u. Lüttig) ins Rhein-Main-Gebiet verlängert sich um durchschnittlich 22 Minuten bei etwa gleicher Strecke.
Zur Bekräftigung der Notwendigkeit dieser Straße wird in letzter Zeit immer wieder der Regionalflughafen Hahn (oft auch als 'Frankfurt-Hahn' bezeichnet) angeführt, dessen bisheriger Hauptbetreiber, die FRAPORT, sich mittlerweile mangels Rentabilität aus dem Projekt zurückgezogen hat. Dessen Anteil (und Schulden) hat nun das Land Rheinland-Pfalz übernommen, das jetzt mit 82,5% am Hahn beteiligt ist; die restlichen 17,5% hält nach wie vor das Land Hessen. (Pressetext und Zahlen)
Konkret soll die B 50 neu vom Autobahnkreuz Wittlich bei Altrich Richtung Norden zwischen Wengerohr und Platten auf einem bis zu 9 Meter hohen Damm durch die Wittlicher Senke geführt werden, zu den Moselbergen aufsteigen und nach einem Tunneldurchstich oberhalb von Ürzig über eine 160 Meter hohe Brücke oberhalb von Zeltingen-Rachtig die rechte Moselseite erreichen. Von dort geht es in süd-östlicher Richtung in einer bis zu 15 Meter tiefen Schneise weiter an Graach vorbei nach Longkamp und in einem später zu realisierenden Bauabschnitt weiter bis zur Hunsrückhöhenstraße. Auf der Karte erkennt man, dass die Strecke einen Umweg von ca. 6 Kilometern (gegenüber der Luftlinie) macht; begründet wird dies mit den geologischen Verhältnissen, doch auch Experten geben zu, dass es sich im Grunde um die ungünstigste aller Lösungen handelt; sie ergab sich aus einem jahrelangen Gerangel um den Verlauf der Strecke.
Hauptkritikpunkt ist der massive Eingriff in das Landschaftbild eines der schönsten Täler der Mittelmosel durch eine der größten Betonbrücken Deutschlands. Vorbild war die deutlich kleinere Winninger Brücke im Stil der 60er Jahre (136 x 935 Meter), die 1972 fertiggestellt wurde. In der Tat stammen die ursprünglichen Planungen zur Hochmoselbrücke aus der gleichen Zeit, so dass man nun - im Namen des Fortschritts - ein 40 Jahre altes Projekt verwirklichen will. Ebenso dramatisch sind allerdings die Eingriffe in den gegenüberliegenden Moselberg zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach, auch Moselsporn genannt, vor allem auf der Graacher Höhe, wo massive Erdbewegungen erforderlich werden. Die besondere Rutschgefährdung des Graacher Hangs wird von den Planern zwar nicht bestritten, man begnügt sich jedoch mit dem Hinweis, dass im Schadensfalle Ausgleichszahlungen geleistet werden.
Zu den Hauptkritikern zählen inzwischen die Winzer, da in der betroffenen Moselschleife mit bekanntesten und begehrtesten Riesling-Weine der Welt wachsen; 'Ürziger Würzgarten', 'Zeltinger Himmelreich', 'Wehlender Sonnenuhr' und 'Bernkasteler Doctor' sind nicht nur klangvolle, sondern auch weltbekannte Spitzenlagen, deren Qualität und Renommee auf dem Spiel steht; besonders die Veränderung des Mikroklimas und eine Störung des Wasserhaushaltes in dem sensiblen und für die Weinqualität so wichtigen Schieferboden wird befürchtet; bis zum heutigen Tag konnte die Landesregierung nicht beweisen, diesen Sachverhalt überhaupt überprüft zu haben. (Pressemitteilung)
Die Planung war in zwei Planungsabschnitte unterteilt worden, für die man auch einzelne Planfeststellungsverfahren durchführte. Taktik dabei war es, das relativ widerstandsfrei durchzusetzende erste Teilstück von Altrich bis Platten zu bauen, um damit die umstrittenen beiden anderen Abschnitte mit dem Hochmoselübergang erzwingen zu können. Das Planfeststellungsverfahren für den ersten Abschnitt sollte bereits im Frühjahr 1999 mit dem Planfestellungsbeschluss abgeschlossen werden, verzögerte sich jedoch immer weiter, als die Proteste lauter wurden.
Nach der Planoffenlegung für den zweiten Abschnitt im Oktober 1999 gingen bei der Planungsbehörde 2300 Einwendungen von betroffenen Bürger/innen ein. Es wurden mehrere private und öffentliche Klagen eingereicht, die Ende 2001/Anfang 2002 vom Oberverwaltungsgericht Koblenz verhandelt wurden. Mittlerweile haben sich alle klagenden Gemeinden (Longkamp, Ürzig, Zeltingen-Rachtig) in Absprache mit der Anwaltskanzlei gegen eine Fortführung der Klagen entschieden, nachdem ihre Eilanträge vor dem OVG gescheitert waren. (s. Mitteilungen) Im April 2004 war der BUND beim Bundesverwaltungsgericht erfolgreich, das heißt, der Planfeststellungsbeschluss wurde für rechtswidrig erklärt wegen Verletzung der Europäischen Vogelschutz-Richtlinie von 1979. Nach einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren und einer erneuten Klage des BUND blieb jedoch das Land erfolgreich, so dass seit Dezember 2007 Baurecht besteht. Das Land Rheinland-Pfalz hatte es sich trotz allem nicht nehmen lassen, bereits 2003 mit ersten Baumaßnahmen für den (bereits planfestgestellten) 1. Abschnitt zu beginnen; die Tatsache, dass einzelne Brückenbauwerke aus Kostengründen nur zweispurig ausgeführt wurden, verrät die damals geringe Zuversicht in die Realisierung des vierspurigen Fernstraßenprojekts. (Bericht im Trierischen Volksfreund)
Die Finanzierung stellte von Anfang an eine große Schwierigkeit dar; weil der Bund nicht bereit war, die Kosten zu übernehmen, plante man 1999 eine Privatfinanzierung, wobei der Investor seine Kosten über Mauteinnahmen wieder hereinholen sollte. Es fand sich jedoch kein Investor - eventuell wurde auch gar nicht ernsthaft gesucht, da diese Lösung zu viele Ungereimtheiten aufwies; geringes Verkehrsaufkommen einerseits und Mautumgehungsverkehr andererseits hätten dem Investor die Bilanz verhagelt.
Ausgerechnet zum Zeitpunkt der Krise der Finanzmärkte (im Herbst 2008) war die Bundesregierung bereit, 250 Millionen Euro für den Bau des Hochmoselübergangs bereitzustellen - vorwiegend aus dem Topf 'Mautmehreinnahmen'; von besonderer Bedeutung hierfür war wohl das gute Verhältnis der Parteifreunde Kurt Beck, Wolfgang Tiefensee und Hendrik Hering ('Superminister' für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz). Dass damit aber alle finanziellen Probleme gelöst seien, ist zu bezweifeln; Unwägbarkeiten hinsichtlich der Stabilität des Untergrundes auf der Ürziger Seite, mögliche Rutschungen auf der Graacher Seite und Hochwasser können zu Verzögerungen und damit auch zu Verteuerungen führen, was das bautechnische Abenteuer sehr schnell zu einem finanziellen werden lässt.
Am 27.04.2009 war der symbolische Baubeginn - allerdings unter heftigem Protest der Betroffenen. (Bericht des Bernkasteler Wochenspiegels, ein Amateurvideo, Rede Beck, Rede Hering, Rede Tiefensee) Seither hat es 'vorbereitende Arbeiten' gegeben, unter anderem wurde in einer 'Nacht-und-Nebel-Aktion' ein ca. 100 Meter langes Stück des Kulturdenkmals 'Graacher Schanzen' niedergerissen. Obwohl in der Planung vorgesehen, war dies doch für viele Einheimische ein Schock.
Die Bevölkerung. In den ländlichen Gebieten ist das Protestpotential gewöhnlich geringer als in den Städten. Dennoch gibt es unter den Ürzigern, Zeltingen-Rachtigern und Graachern eine schweigende Mehrheit, die die Baumaßnahme ablehnt, aber zum größten Teil (und nach 30-jähriger fruchtloser Diskussion) resigniert hat; ein nicht unerhebliches Maß an Verdrängung hat mittlerweile dazu geführt, dass sich kaum noch jemand mit dem Thema beschäftigen möchte. Andererseits kann man davon ausgehen, dass die wenigsten von ihnen die Planungen detailliert kennen; offizielle Informationen flossen nur spärlich und hatten vor allem beschönigenden Charakter; computersimulierte Darstellungen legen nahe, es handele sich um eine Designerbrücke, die geradezu als Bereicherung betrachtet werden müsse; ein wenig seriöses Gutachten des Europäischen Tourismus Instituts (ETI) in Trier prognostizierte einen (durch vermeintliche Erreichbarkeitseffekte abgemilderten) Gäste-Rückgang von 10% im engeren Sichtbereich der Brücke und sogar von einem größeren Zuwachs beim Fremdenverkehr. Zudem gebe es verstärkte Industrieansiedlung und damit massenhaft neue Arbeitsplätze, was viele zu Befürwortern der Brücke werden ließ.
Für das Stillhalten der Bevölkerung gibt es aber noch einen weiteren Grund, der hier im ländlichen Raum eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt: politischer Druck. In der vornehmlich konservativ geprägten Region wagt manch einer nicht, seine Meinung zu sagen, weil er Nachteile befürchtet; das geht bis hin in die politischen Ämter und führt dazu, dass die Äußerungen der Lokalpolitiker einseitig für die Brücke ausfallen und die Stimmung in der Bevölkerung somit nicht wiederspiegeln. Die Region gehört zum Kreis Bernkastel-Wittlich, dessen Landrätin Beate Läsch-Weber (CDU) sich uneingeschränkt an die Parteivorgaben hält. Alexander Licht (Kreisvorsitzender der CDU und MDL) aus Brauneberg, einem der Orte, an dem die Trasse laut frührerer Planung einmal vorbeiführen sollte (wäre weitaus kürzer gewesen), ist ein vehementer Verfechter der jetzigen Planung. Der Hauptantrieb kam jedoch immer schon von der Mainzer Landesregierung; in der sozialliberalen Koalition (1991-2006) wurde auch die SPD unter dem Einfluss von Rainer Brüderle (FDP) zum Befürworter des Hochmoselübergangs. Hans-Artur Bauckhage, Brüderles Nachfolger, setzte sich besonders hartnäckig für das Projekt ein. In seiner Verantwortung liegen auch die 'Tricks', die angewendet wurden, um den regionalen Widerstand wie auch den aus Berlin zu umgehen: die Unterteilung Planungsabschnitte, von denen einige relativ leicht durchzusetzen waren (Bauckhage 2006: "Mit dem Spatenstich zum vierstreifigen Ausbau der B 50 zwischen dem Flughafen Frankfurt-Hahn und Nieder Kostenz nehmen wir den mittleren der drei letzten Ausbauabschnitte buchstäblich in die Zange."); die Meldung des nicht planfestgestellten Abschnitts 2 als planfestgestellt nach Berlin, um dessen Überprüfung zu umgehen. Alle großen Parteien, mit Ausnahme von Bündnis 90/ Die Grünen und jetzt auch Die Linke, bilden somit eine kaum überwindbare Allianz für das ominöse Bauprojekt.
Die überregionalen Medien haben sich bishang erstaunlich standhaft aus der Sache herausgehalten, obwohl die Eingriffe in das Landschaftsbild weitaus gravierender sind, als dies in Dresden oder im Rheintal der Fall ist. Mittlerweile hat es jedoch eine weltweite Resonanz in internationalen Weinforen gegeben, wobei das Urteil der Weinexperten durchweg vernichtend ausfällt: was hier geplant sei, könne man nur als kulturelle Barbarei bezeichnen. (Zusammenstellung)
Jeglicher Kritik wird neuerdings mit der Behauptung begegnet, der Bau habe bereits begonnen, es sei nun nichts mehr zu ändern. In der Tat hat es bereits größere Erdbewegungen gegeben, was auf die Menschen vor Ort einschüchternd wirkt; zugleich sehen sie aber auch, was genau dieses bisher so abstrakte Projekt für sie bedeutet. Genau zu diesen Zeitpunkt erfahren sie auch, dass die Hauptargumente, die immer für diese Brücke ins Feld geführt wurden, zu größten Teil falsch sind. Weder die vermeintlichen Vorteile füf den Fernverkehr noch die Erreichbarkeitsvorteile für das Moseltal halten einer rechnerischen Überprüfung stand; selbst die Beruhigungen im Hinblick auf die Auswirkungen auf Tourismus und Weinbau lassen sich nicht belegen.
Die verunsicherten Bürger sehen sich zudem heftigen Reaktionen seitens der Touristen ausgesetzt; Hoteliers müssen die Großbaustelle sogar in ihren Prospekten ankündigen. Es zeichnet sich ab, dass viele Betriebe die Realisierung dieses Baus nicht überleben würden - und wofür? Für einen Schildbürgerstreich?